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antikapitalistisch, praktisch - gut.

 
von Tanya Reinhart
Yediot Aharonot / ZNet 21.04.2004

In Israels politischem Sturm um den Plan ?Loslösung von Gaza? schält sich nur eine wirklich aussagekräftige Tatsache heraus: Scharon erhielt Bushs Zustimmung, seinen Mauer-Plan in der Westbank weiter umzusetzen. Was den Gazastreifen betrifft, sieht der Loslösungsplan – so wie am Freitag, den 16. April, in israelischen Zeitungen veröffentlicht - vor, die israelische Okkupation des Gazastreifens innerhalb der nächsten anderthalb Jahre für beendet zu erklären. In jeder anderen Hinsicht bleibt die Situation so, wie sie ist. Die Palästinenser werden von allen Seiten eingesperrt sein, ohne Verbindung zur Welt – außer via Israel. Zudem wird Israel für sich das Recht in Anspruch nehmen, innerhalb des Gazastreifens militärisch vorzugehen (1). Da der Gazastreifen dann allerdings nicht länger als okkupiertes Territorium definiert ist, unterliegt Israel nicht mehr der 4. Genfer Konvention. Im publizierten Plan steht unter Klausel F, Abschnitt 1, ?der Schritt zur Loslösung wird die Ansprüche an Israel hinsichtlich seiner Verantwortung für die Palästinenser im Gazastreifen beseitigen?. Anders ausgedrückt heißt das, die israelischen Taten, die heute noch als Verstoß gegen internationales Recht gelten, werden dann legal sein: Formal gesehen dürfte es dann vermutlich legal sein, Menschen auszuhungern und jeden zu töten, den Israel festlegt – sei es ein steinewerfendes Kind oder der Nachfolger eines spirituellen Führers, der selbst einen Monat zuvor exekutiert wurde.

Zudem erklärt der Plan-Text, dass Israel die (jüdischen) Siedlungen und Armeeposten im Streifen räumen wird. Es bleibt jedoch unklar, wie man das erreichen will, da gleichzeitig die erklärte Intention besteht, den Streifen unter voller israelischer ?Sicherheitskontrolle? zu behalten. Schließlich wurde die isolierte (jüdische) Siedlung Netzarim (auch die andern) genau aus dem Grund gegründet, den Gazastreifen in separierte Teile zu spalten und so eine Kontrolle von innen zu ermöglichen. Wer will, soll ruhig glauben, Scharon werde Netzarim irgendwann auflösen. Inzwischen investiert Israel in dessen weiterer Befestigung. In den Fernsehnachrichten auf Channel 1 kam am 15. April ein Interview mit einem sehr entspannt wirkenden Netzarim-Siedler. ?Wenn der Verteidigungsminister gerade jetzt einen neuen Sicherheitszaun für uns baut?, sagte er, ?dann hat sicher niemand die Absicht, uns zu evakuieren?. Scharon und Netanjahu jedenfalls haben sich auf die Position verständigt - und diese wurde auch beim Kabinettstreffen am 18. April bestätigt -, keine Siedlung im Gazastreifen zu evakuieren, solange die Westbank-Mauer noch nicht fertiggestellt ist.

Nun zur Westbank. Auf der Ebene der Erklärungen sucht man im Bush-Scharon-Übereinkommen vergebens nach Neuem. Bereits in den Plänen von Clinton bzw. Beilin/Abu Mazen war klar, Israel wird nicht anbieten, exakt zu den Grenzlinien von 1967 zurückzukehren – ebensowenig wie es die volle Umsetzung des Rückkehrrechts anbieten wird. Aber schließlich waren das Verhandlungspläne – Vorschläge, die auf die Zustimmung des palästinensischen Volks warteten. Jetzt hingegen werden die Palästinenser erst gar nicht gefragt. Jetzt legen Israel und die USA vor Ort Fakten fest. Israel markiert das gewünschte Land und baut entlang dieser Route eine Mauer. Der Clinton-Plan hatte vorgesehen, 5-7% des Westbank-Landes, palästinensisches Territorium, durch Israel annektieren zu lassen. Als die jetzige Route des Plans durch die erste Regierung Scharon erstmalig abgesegnet wurde, protestierte der damalige Außenminister Schimon Peres, der Plan raube den Palästinensern 22% ihres Landes. Seither wurde jener Teilabschnitt der Mauer, der sich bereits im Bau befindet, noch wesentlich weiter auf palästinensisches Gebiet ausgedehnt. Laut eines Berichts der UN vom November 2003 hat dieser Teilabschnitt schon jetzt – und dabei ist die Region um Jerusalem noch nicht berücksichtigt -, 14,5% des palästinensischen Landes verschlungen. Entlang dieser Route lässt Israel zehntausende Bäume entwurzeln, es enteignet palästinensische Bauern ihres Landes und drängt sie in kleine Enklaven, die zwischen Zäunen und Mauern liegen. In der Endphase wird sie die Mauer von allen Seiten umgeben – siehe Gazastreifen.

1969 hat der israelische Philosoph Yesayahu Leibovitz vorhergesagt, in den okkupierten Gebieten würden einst ?Konzentrationslager errichtet werden von den israelischen Herrschern... Israel würde dann ein Staat sein, der es nicht verdient hat zu existieren, und es wird sich nicht lohnen, ihn zu erhalten?. In Bezug auf den eingezäunten Gazastreifen – wie weit sind wir da von Leibovitz Prophezeiung entfernt? In der Westbank ist die Situation noch etwas anders. Hier findet entlang der Mauer-Route momentan ein innergesellschaftlicher Kampf der Israelis statt – ein Kampf zwischen selbstproklamierten ?Landbefreiern?, die, ganz gleich, wieviel Land sie schon haben, immer noch mehr wollen und jenen, die in einem Staat leben wollen, der es verdient hat zu existieren. Entlang dieser Route sieht man Israelis, die, Seite an Seite mit Palästinensern, ihre Körper den Bulldozern und der israelischen Armee entgegenstellen.

Aus dem Hebräischen von Netta Van Vliet

Anmerkung:

(1) Der veröffentlichte Plan kann nachgelesen werden unter: http://www.haaretz.com/hasen/pages/ShArt.jhtml?itemNo=416024&contrassID=1&subContrassID=1&sbSubContrassID00&listSrc=Y (links auf ?Disengagement plan? klicken)

Hier einige Klauseln des Plans, auf die sich die Zusammenfassung hier beruft:

III: Sicherheitsrealität nach der Evakuierung 1. Israel wird zu Lande die äußere Umfassung beaufsichtigen und bewachen, es wird die exklusive Kontrolle über den Gazaer Luftraum behalten und seine militärischen Aktivitäten im Meeresgebiet des Gazastreifens fortsetzen. (...) 3. Israel reserviert für sich das grundlegende Recht auf Selbstverteidigung, inklusive präventiver Schritte und gewaltsamer Reaktionen auf Bedrohungen, die aus dem Gazastreifen hervorgehen.

VI. Das Grenzgebiet zwischen dem Gazastreifen und Ägypten (?Philadelphi Route?). In der ersten Stufe wird Israel seine Militärpräsenz entlang der Grenzlinie zwischen dem Gazastreifen und Ägypten (?Philadephi Route?) aufrechterhalten. Diese Präsenz stellt ein essentielles Sicherheitsbedürfnis dar, (und) mancherorts wäre möglich, dass eine physische Vergrößerung des Gebiets, in dem die Militäraktivitäten durchgeführt werden, notwendig ist.

XII. Der internationale ?Crossing Point?. 1. Die bestehenden Arrangements bleiben weiterhin in Kraft.
 

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